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PW1CH  > GESUND   26.01.00 08:02l 201 Lines 12616 Bytes #999 (999) @ NB1CH.#TS.
BID : N10NB1CH_00C
Read: HF1BKM PK1BKM OW1BKM HF1MBL IN1BKM
Subj: Neue Therapie für Spastiker
Path: NB1BKM<NB1CH
Sent: 000123/0018z @:NB1CH.#TS.OBB.BAY.DEU [Chieming JN67GV] BCM1.42_cb3
From: PW1CH @ NB1CH.#TS.OBB.BAY.DEU  (Wolfgang)
To:   GESUND @ NB1CH.#TS.OBB.BAY.DEU

Hallo PR'ler,
folgendes habe ich im Internet gefunden.
Ich finde, daß diese 'Nachrichten' auch hier für den einen oder anderen
interessant sind.
.......................
                    Quelle: http://www.cebeef.com/index1.htm 
                           Etwas schief ins Leben gebaut 
               Die Methode des Ungarn Andras Petö hilft behinderten 
                                     Kindern
            Von Jörg auf dem Hövel 
            Maja braucht für den Weg vom Vorraum ins Spielzimmer eine 
            Viertelstunde. Langsam und bedächtig geht sie die nur 15 
            Meter lange Wegstrecke, hält sich dabei am Sprossenstuhl 
            fest und schiebt diesen Zentimeter für Zentimeter 
            vorwärts. Hinter ihr achtet Edit Beke, 26, auf ihre 
            Schritte. Sie unterstützt die spastisch gelähmte Maja nur 
            wenig auf ihrem Weg, greift nur stabilisierend ein. 
            Schließlich erreicht das vierjährige Mädchen das Zimmer, 
            wo es von den anderen begrüßt wird. Maja ist eines von 
            neun hirnverletzten Kindern, welche im Institut "Schritt 
            für Schritt" in Hamburg-Rotherbaum nach der Methode des 
            Ungarn Andras Petö sechs Wochen lang ein selbständiges 
            Leben trainieren sollen. 
            Oft sind es Komplikationen bei der Geburt, die das Gehirn 
            eines Säuglings schädigen. Sauerstoffmangel oder 
            Hirnblutungen beeinträchtigen die Funktion des Denkorgans 
            und führen später oft zu schweren Störungen der 
            Koordination, zu Spastiken oder ständigen 
            Muskelanspannungen. Betroffene Eltern stehen dann vor der 
            Aufgabe, die richtigen Entscheidungen zu treffen; für 
            viele Familien beginnt damit eine lange und 
            kräftezehrende Suche nach einer geeigneten Methode zur 
            Förderung ihres Kindes. In den meisten Fällen sind es 
            technische Hilfsmittel wie Rollstühle und Schienen, 
            welche die unkontrollierten Bewegungen des Kindes 
            auffangen und so die Verletzungsgefahr mindern sollen. 
            Klassische Krankengymnastik soll darüber hinaus helfen, 
            den Bewegungsapparat geschmeidig zu halten. Allzu oft 
            sind Eltern aber mit den Anforderungen, welches ein Leben 
            mit einem behinderten Kind mit sich bringt überlastet. 
            "Zum einen fehlt es an Kontakten zwischen den Eltern 
            dieser Kindern, zum anderen führt eine zu umfassende 
            technische Versorgung in der Regel zu Rückbildungen der 
            Muskulatur beim Kind', erklärt Sigrid Hengvoß, 40, Ärztin 
            am Institut "Schritt für Schritt". Das größte Problem 
            allerdings sei, daß die unterschiedlichen Maßnahmen 
            untereinander nicht koordiniert werden. 
            Schon 1990 gründeten Eltern hirnverletzter und spastisch 
            gelähmter Kinder deshalb den Verein "Schritt für 
            Schritt", aus dem später das Institut hervorging. "Um 
            miteinander zu reden und sich gegenseitig den Rücken zu 
            stärken", wie Wolfgang Vogt, 53, Gründungsmitglied der 
            ersten Stunde, sich erinnert. Oft fehle bei Ärzten und im 
            sozialen Umfeld der Glaube an deutliche 
            Entwicklungsmöglichkeiten hirnverletzter Kinder. "Das 
            wissenschaftliche Schrifttum in dem Bereich behauptet 
            oft, daß es schon ein Erfolg sei, wenn der Status Quo 
            gehalten wird", ärgert sich Vogt. Kurz nach der 
            Vereinsgründung hörten Vogt und seine Frau von den 
            Erfolgen der Methode nach Andras Petö und reisten mit 
            ihrer Tochter Victoria nach Budapest, wo das Petö-
            Institut seit 1984 staatlich geförderte Hochschule ist. 
            Die Ausbildung ist gründlich: In einem vierjährigen 
            Studium lernen die Studenten die Stränge der Bereiche der 
            Physiotherapie, der Logopädie, der Ergo-Therapie und der 
            Pädagogik zu verbinden und dürfen sich danach 
            "Konduktoren" nennen. Für Familie Vogt stand nach kurzer 
            Zeit der Entschluß fest, Konduktoren nach Hamburg zu 
            holen, um die Petö-Metlhode in der Hansestadt zu 
            etablieren. 
            Im Spielzimmer sitzt Maja mittlerweile am Tisch um zu 
            frühstücken. Die drei anwesenden Konduktoren assistieren 
            den Kindern bei der Mahlzeit. Die sechsjährige Merrit ist 
            schon fertig, Edit Beke fordert sie zum Aufstehen auf, 
            damit sie sich die Schuhe ausziehen kann. Wieder setzt 
            ein Prozeß ein, der viel Zeit braucht: Mit Mühe richtet 
            sich das Kind auf, steht auf wackeligen Beinen, aber 
            steht. Langsam bewegt sich Merrit vom Tisch weg, läßt 
            sich auf die Erde nieder und öffnet die Schnürsenkel, 
            zieht die Schuhe aus, dann die Socken. "Wir helfen so 
            wenig wie möglich, so viel wie nötig", bringt Beke ihre 
            Arbeit auf den Punkt. Melanie hat mehr Mühe. Sie braucht 
            den Sprossenstuhl um vom Tisch aufzustehen. "Kopf hoch, 
            Popo nach vorne", sagt Bela Mechtl, ein weiterer 
            Konduktor, zu ihr, um im Anschluß zu fragen: "Wie groß 
            bist Du?". Das Kind ist deutlich angespornt, reckt sich, 
            der Rücken ist gerade. Das Frühstück ist zu Ende, singend 
            geht es nun weiter. 
            Im Gegensatz zu anderen Therapien geht Petös Ansatz von 
            gänzlich anderen Voraussetzungen aus: Der Leitgedanke 
            ist, daß es sich bei Hirnschädigungen nicht um eine 
            Krankheit, sondern um eine Lernstörung handelt, die neben 
            der Motorik die gesamte Persönlichkeitsentwicklung des 
            Kindes beeinträchtigt. Nicht Fehler sollen korrigiert 
            werden, sondern das Fehlende erlernt werden. In der 
            Praxis bedeutet dies eine Orientierung an der Aneignung 
            alltägliches Fertigkeiten, wie beispielsweise Anziehen 
            und Essen. Ziel ist neben dem Erlernen motorischer 
            Koordination die Integration ins gesellschaftliche Leben 
            und vor allem die maximale Unabhängigkeit von Personen 
            und Hilfsmitteln. Vogt legt den Ansatz in seinen Worten 
            dar: "Jedes dieser Kinder will doch eigenaktiv am Leben 
            teilnehmen. Und die konduktive Förderung nach Petö kommt 
            und sagt: 'Gut, Kind, ich zeige Dir, wie Du am Leben 
            teilnehmen kannst. Auf deine ganz persönliche Art.'" 
            Auch Majas Mutter war zunächst über das Fehlen von 
            Rollstühlen im Institut erschrocken. "Ich war skeptisch, 
            weil Maja kaum Gleichgewichtssinn besaß und zudem vor 
            vielen Dingen einfach Angst hatte. Sie hat sich nichts 
            alleine zugetraut", erinnert sich Gabriele Münzer, 32 
            (Name von der Redaktion geändert). Während der Wochen im 
            Institut lernte Maja nicht nur das Gehen mit einer Vier-
            Punktstütze, sondern baute ein Selbstbewußtsein auf, 
            welches sie heute Aufgaben positiver angehen läßt. 
            Münzer: "Jahrelang war für mich klar, wie der Tag läuft. 
            Ich hebe sie auf die Toilette, hebe sie wieder runter, 
            ziehe sie an, trage sie zum Tisch. Auch ich habe hier 
            gelernt, nämlich das ich Maja mehr zutrauen muß." Heute 
            schiebt Maja ihren Kinderwagen alleine durch die Wohnung, 
            sie geht alleine auf Toilette, das Essen geht ebenfalls 
            leichter von der Hand. Münzer ist begeistert: "Das ist 
            viel mehr, als ich mir erhofft habe." 
            Eine Ursache für die Erfolge des Petö-Systems ist im 
            zeitintensiven Programmaufbau zu sehen. Ein Blockkurs 
            erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Wochen, 
            wobei die Kindern täglich sechs Stunden im Institut 
            verbringen. Das nachhaltige Training hat seinen Sinn, 
            denn die Kinder sollen durchaus bis an ihre Grenzen 
            gehen. Rita Mechtl, seit drei Jahren Konduktorin in 
            Hamburg, erklärt ihr Ansinnen: "Wir verlangen viel, 
            trauen den Kindern aber auch viel zu." Das gemeinsame 
            Singen nach dem Frühstück gibt Rhythmus sowie gute Laune 
            und hilft den Kindern das Tempo für die kommenden 
            Bewegungsaufgaben zu finden. Das Ziel ist individuell 
            unterschiedlich gesetzt, im Kern geht es aber darum brach 
            liegende Körperfunktionen zu aktivieren. Nicht das Senken 
            der Spastik, sondern der erleichterte Umgang mit ihr 
            steht somit im Vordergrund des Lernens. Die These von 
            Petö: Die noch gesunden Hirnpartien übernehmen die 
            Funktionen der geschädigten Hirnteile am besten dann, 
            wenn durch reproduzierte Bewegungsabläufe neue Muster im 
            Gehirn geschaffen werden. "Die wichtigsten Routinen des 
            Alltags können nur von einer aktiven Person erbracht 
            werden", sagt Mechtl und fügt hinzu: "Petö ist keine 
            Wunderkur. Es muß über einen längeren Zeitraum 
            konzentriert gearbeitet werden, um gesetzte Ziele zu 
            erreichen." 
            Einig sind sich Eltern und Ärzte darüber, daß ein Kind so 
            früh wie möglich mit der Petö-Methode beginnen sollte. 
            Während Kleinkinder zwischen einem und drei Jahren über 
            einen Zeitraum von einem Jahr ein bis zwei Mal die Woche 
            im Institut erscheinen, erhalten Jungen und Mädchen im 
            Kindergartenalter Blockkurse von fünf bis sechs Wochen. 
            Institutsärztin Hengvoß bindet die Eltern in den 
            Lernprozeß mit ein, am Anfang werden Ziele definiert, am 
            Ende klärt ein Abschlußgespräch mit den Konduktoren 
            welche Anschlußtherapien helfen und welche Übungen zu 
            Hause durchgeführt werden können. Wie Hengvoß feststellt, 
            ist ein häufig geäußerter Wunsch seitens der Eltern, daß 
            ihr Kind laufen lernt. "Viele Kindern können allerdings 
            nicht einmal sitzen, wenn sie zu uns kommen. Unser Ziel 
            ist es daher, das aufrechte Sitzen zu lehren, denn dann 
            kann gegessen, gelesen und geschrieben werden." Und die 
            Konduktorin Mechtl ergänzt: "Eltern kommen mit hohen 
            Erwartungen. Das ist ja auch gut so, denn man muß ja 
            Hoffnung haben, aber man braucht auch viel Geduld." 
            Der Tag am Institut ist vorbei. Maja ist erschöpft, aber 
            zufrieden. Gabriele Münzer hat für den sechswöchigen 
            Aufenthalt in Hamburg eine Wohnung angemietet, denn 
            eigentlich wohnt sie mit ihrer Tochter und ihrem Mann in 
            Bochum. "Das ist mir die Sache wert", sagt sie, "denn 
            Maja ist hier erheblich selbstsicherer geworden. Trotz 
            ihrer Behinderung geht sie neuerdings Aufgaben ganz 
            anders an. Sie versucht es, scheitert eventuell, aber 
            versucht es dann halt noch mal." 
            Weitere Informationen gibt das 
            Institut "Schritt für Schritt"
            Alsterterraße 2
            20354 Hamburg
            Tel: 040 / 447262
               Die Petö-Methode
               Das Prinzip der konduktiven Förderung nach Andras 
               Petö geht davon aus, daß Bewegungsstörungen mit 
               intensiven, die ganze Persönlichkeit des Kindes 
               ansprechenden Fördermaßnahmen gemildert und 
               teilweise überwunden werden können. Das Konzept 
               beinhaltet die tägliche Förderung der Kinder in der
               Gruppe unter Leitung von in Budapest ausgebildeten 
               "Konduktoren". Ziel ist die möglichst ausgeprägte 
               Selbständigkeit des Kindes im Bewältigen 
               alltäglicher Aufgaben. Dafür werden alltagsbezogene
               Aufgabenlösungen wiederholt durchgeführt. Dadurch 
               lernen die Kinder eigene Problemlösungen zu 
               erarbeiten, die eine weitere Entfaltung ihrer 
               Persönlichkeit in motorischer, intellektueller und 
               sozialer Hinsicht erlaubt. 

PW1CH/Wolfgang, Sysop der NB1CH, E-MAIL: PW1CH@T-ONLINE.DE


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 20.04.2025 04:28:50lZurueck Nach oben